• Mehr ethnische Vielfalt im öffentlichen Dienst: Dafür wirbt Alexander Seeger von der AG Diversity der dbb jugend.
    Alexander Seeger ist Mitglied der AG Diversity der dbb jugend. Foto: Privat/Colourbox

AG Diversity

„Wir können von der multikulturellen Vielfalt nur profitieren“

Täglich erfahren Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft Diskriminierung – die Gewerkschaft kann gegensteuern, indem sie Vielfalt vorlebt und fördert, schreibt Alexander Seeger von der AG Diversity.

Wir von der AG Diversity wünschen uns eine Kultur der Offenheit, in der ein gegenseitiges Verständnis für Unterschiede besteht. Denn eine solche Kultur ist Grundvoraussetzung für das Zusammenleben und Zusammenarbeiten aller Menschen, unabhängig von ihrer ethnischen und nationalen Herkunft.

In der Theorie ist die rechtliche Situation eindeutig: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet die Diskriminierung „aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft“ (§ 1). „Ethnische Herkunft“ meint hier die Abstammung eines Menschen und seine damit verbundenen äußerlichen und sprachlichen Eigenheiten. Vor allem Hautfarbe und Dialekt spielen dabei primäre Rollen.

Begriff „Rasse“ ist problematisch

Ethnien und „Rasse“ sind in Gesellschaft oft schwer zu durchdringende Kategorien – die Kategorie „Rasse“ im Gesetzestext ist im Übrigen nicht unproblematisch, da es keine menschlichen Rassen gibt. Die Verwendung trägt dazu bei, die Idee von Menschenrassen fälschlicherweise zu verfestigen und weiterzutragen.

Bei den genannten Kategorien handelt es sich nicht selten um geistige beziehungsweise subjektive Konstrukte, aus denen zugleich auch objektive Folgen resultieren. Heißt: Aus der theoretischen Vorstellung, dass Menschenrassen existieren, resultiert in der Praxis Rassismus. Bei möglichen wertenden Hierarchisierungen von Menschengruppen werden vermeintlich objektive Kriterien herangezogen, die mit negativen Eigenschaften verbunden sind.

In den Fokus geraten hierbei häufig die Hautfarbe und das Herkunftsland, nicht selten auch beides. Ein Beispiel: Jemand mit arabisch oder slawisch klingendem Namen möchte eine Wohnung mieten, erhält jedoch keinen Besichtigungstermin, obwohl er alle formalen Voraussetzungen übererfüllt. Und das nur, weil der Vermieter auf Grundlage des Namens die Schlussfolgerung zieht, die Person sei unzuverlässig.

Von Differenz zu Vielfalt

 „Alle Individuen und Gruppen haben das Recht, anders zu sein, sich selbst als anders wahrzunehmen und wahrgenommen zu werden. Die Vielfalt der Lebensweisen und Unterschiede [...] dürfen nicht als Vorwand für rassistische Vorurteile dienen.”

Diese Forderung stand bereits 1978 in der Erklärung über Rassen und rassistische Vorurteile („Declaration on Race and Racial Prejudice“) der UNESCO, der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Zugegebenermaßen klang die Formulierung sehr allgemein. Im Laufe der Zeit änderte sich dieser Umstand erfreulicherweise Stück für Stück. Auf der Weltkonferenz gegen Rassismus, die 2001 im südafrikanischen Durban stattgefunden hat, wurde beispielsweise das Recht auf eigene Kultur und Identität („rights to culture and their own identity“) stark betont.

Die Konferenzteilnehmenden erkannten kulturelle Rechte, unterschiedliche Werte und Traditionen an, und hielten dies in einem Aktionsprogramm fest. Dieser Meilenstein fand auch Einzug in die Abschlusserklärung: Der weltweite Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit wurde zu einer vorrangigen Angelegenheit der internationalen Gemeinschaft erklärt. Das Ziel: sämtliche Ausprägungen von Intoleranz beseitigen, und das durch Maßnahmen auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass zum Schutz und Erhalt der kulturellen Identitäten eine Umdeutung von „Differenz“ zu „Vielfalt“ erfolgte, was wiederum zu einem Paradigmenwechsel in der Bekämpfung von (Alltags-)Rassismus führte. Nunmehr gilt die ethnische Herkunft als Vielfaltsdimension. Gesellschaftspolitisch ist in den vergangenen Jahren erkennbar, dass sich diese Dimension in Teilen der Gesellschaft etablieren konnte und von der strukturellen Benachteiligung hin zur gleichberechtigten Teilhabe geführt hat.

Es existieren jedoch weiterhin Schattenseiten: Allein bei Betrachtung der aktuellen Auseinandersetzungen in Hinblick auf die Einwanderung und Asyldebatte zeigen, dass die ethnische Herkunft wieder an großer Bedeutung gewonnen hat. Rassismus als Ideologie und Unterdrückungssystem stellt dabei ein gesellschaftliches Machtverhältnis dar.

Es gibt noch viel zu tun

Was folgt daraus? Die dbb jugend muss sich mit dem Bedeutungszuwachs der Diversity-Dimension „Ethnische Herkunft“ weiter beschäftigen. Sie muss darauf hinwirken, dass diese auch im gewerkschaftlichen Kontext zwingend Beachtung findet. Schließlich arbeiten wir immer häufiger mit Menschen unterschiedlichster ethnischer Herkunft zusammen, und das tagtäglich.

Die dbb jugend sollte auf eine vielfältige Repräsentation achten und sich aktiv für diese einsetzen, um einen positiven Effekt für das Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen. Nicht zuletzt müssen wir als dbb jugend erkennen, dass unser soziales, berufliches und gewerkschaftliches Umfeld internationaler wird. Das birgt große Chancen. Wir können von der multikulturellen Vielfalt nur profitieren.

Text: Alexander Seeger