• Warum CSD feiern? Toni Nickel von der dbb jugend blickt auf die Geschichte des CSD.
    Der Pride Month – für Toni Nickel ein Anlass, um an die Ursprünge des Christopher Street Days zu erinnern. Foto: Vanessa Wunsch

AG Diversity

„Das Schlüsselwort ist Akzeptanz!“

Zunächst hatte er Angst, sich zu outen – Toni Nickel, stellvertretender Vorsitzender der dbb jugend, ist schwul und arbeitet bei der Bundespolizei. Für #staatklar hat er seine Gedanken zum Pride Month aufgeschrieben.

Es ist wieder so weit! Bereits am 1. Juni hat die Pride-Saison begonnen. Wir als dbb jugend sind auch in diesem Jahr mit der gesamten Bundesjugendleitung vor Ort, feiern den Pride in Köln und kämpfen für einen bunten öffentlichen Dienst. Und gerade in diesen Momenten denke ich sehr oft über den Sinn und Zweck des Christopher Street Days (CSD) nach. Warum gibt es diesen überhaupt?

Der CSD erinnert an den ersten bekannten Aufstand von homosexuellen Menschen und anderen queeren Minderheiten gegen die Polizeiwillkür in der New Yorker Christopher Street im Stadtviertel Greenwich Village. In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1969 fand in der Bar „Stonewall Inn“ der sogenannte Stonewall-Aufstand statt. Der Anlass: Zu dieser Zeit gab es immer wieder gewalttätige Razzien der Polizei in Kneipen mit trans- und homosexuellem Zielpublikum. Besonders betroffen von Misshandlungen und Willkür waren Afroamerikaner und Menschen mit lateinamerikanischer Herkunft.

Als sich an diesem Abend insbesondere Dragqueens, transgeschlechtliche Latinas und People of Color gegen die wiederkehrenden Kontrollen wehrten, war dies der Ausschlag für tagelange Straßenschlachten mit der New Yorker Polizei. Leider vergisst auch manchmal die LGBTIQ-Gemeinschaft, dass es eben vor allem Dragqueens, transidentitäre Latinas und People of Color waren, die für uns als Community die Grundsteine der Freiheit gelegt haben.

Ich habe bis jetzt weder aus dem Familienkreis noch aus dem Kreis meiner Freund*innen und Kolleg*innen Hass oder Unverständnis wegen meiner sexuellen Orientierung erfahren. Jeder hat mich so genommen, wie ich bin. Ich arbeite bei der Bundespolizei – und gerade dort hatte ich zunächst Angst, mich zu outen, weil die Polizei mir damals nicht so tolerant vorkam, ähnlich wie der Profifußball. Und das war einer der größten Irrtümer, die ich je hatte.

Die Polizei ist wie eine Familie für mich. Dort habe ich sehr viel Rückhalt bekommen. Natürlich stellen die Kolleg*innen auch sehr viele Fragen – aber eben, weil sie einfach neugierig sind. Und das ist meiner Meinung nach vollkommen okay.

Sehr schnell habe ich andere Kolleg*innen kennengelernt, die sich innerhalb der Polizei mit queeren Themen beschäftigen. Zum Beispiel Kolleg*innen, die in der Frage schulen, wie Durchsuchungen von trans- und intergeschlechtlichen Personen stattfinden sollten. Mein Wunsch ist, dass in Zukunft ein inklusives Arbeitsumfeld für alle Menschen entsteht. Dass wir für Menschen, die sich nicht mit der LGBTIQ-Community identifizieren können, mehr Transparenz schaffen und Aufklärungsarbeit leisten.

Grundsatz für eine Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst ist immer Artikel 33 des Grundgesetzes – dort heißt es unter anderem: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“ Und den wichtigsten Teil unseres Grundgesetzes, den ersten Artikel, dürfen wir im sozialen Umgang miteinander nie vergessen:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Wir haben als Menschen immer das Bedürfnis, alles verstehen zu müssen. Und wenn etwas auf uns nicht zutrifft, neigen wir dazu, es zu verurteilen. Dies ist ein völlig falscher Weg! Das Schlüsselwort ist Akzeptanz!

Wir müssen andere Menschen so akzeptieren, wie sie sind, und dürfen sie nicht verurteilen. Egal, welche Religion sie haben, welche Herkunft, welche Hautfarbe, welche sexuelle Orientierung oder mit welchem Geschlecht sie sich identifizieren. Wir im öffentlichen Dienst sind alle Menschen, die im Auftrag aller Menschen handeln. Wir als dbb jugend werden nicht aufhören, uns für die Rechte der LGBTIQ-Community einzusetzen. Und gerade deswegen sind wir stolz, dass wir eine AG Diversity haben, die voller Elan und Tatendrang steckt, und uns bei vielen Themen mit ihrer Expertise unterstützt.

Text: Toni Nickel